„Wer in der Zukunft lesen will, muss in der Vergangenheit blättern.“

Zum Einstieg in die chronologisch-thematische Aufarbeitung von über fünf Jahrhunderten seit der Ersterwähnung des „Oberwirt“ finden sich einige markante Daten und Fakten zum Haus und zu den Waldner’s (die hier seit immerhin 1749 in der familiären Erbfolge stehen), aber ebenso zu relevanten Ereignissen und Entwicklungen aus der Regionalgeschichte.

1496

Unter dem Begriff „Jakob Wirt“ findet erstmals ein Gasthof „zum oberen Wirt“ in Marling Eingang in die Geschichtsbücher.

1525

Tirol, das am Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit in einer   schweren Finanzkrise steckt , gerät in den Sog der deutschen Auernkriege. Bergbaupolitik und Lebensmittelpreise treiben die Forderungen an die Bauern unverantwortlich in die Höhe. Der Aufstand der Landbevölkerung unter Führung Michael Gaismair wird aber nach kurzer Zeit niedergeschlagen.

1600

Nunmehr ist der Gasthof unter der Bezeichnung „Oberwürth“ am Standort „obere Gasse“ urkundlich geführt. Als erster uns bekannter Wirt lässt sich Vincenz Premer nachweisen.

1649

Mit Nikolaus Späth (als Ehemann von Maria Premer) hält ein neuer Name Einzug in das historische Gasthaus „Oberwirt“.

1717

Johann Dellmann erwirbt den Besitz vom letzten Erben der Familie Späth. Ein Akt, der für drei Jahrzehnte einen unsteten, turbulenten Werdegang rund um mehrfach kurzzeitig wechselnde Besitzer im „Oberwirt“ einläutet.

1749

Mit Datum vom 12. April 1749 taucht erstmals der Name Waldner im Eigentumsregister des „Oberwirt“ auf. Anton Waldner (übrigens aus
Schenna) begründet mit dem Erwerb des „halben Anwesens“ die Familientradition in Marling. Es ziehen nochmals rund zwei Jahrzehnte ins Land, ehe unter seinem Sohn Anton Waldner II im Jahre 1771 der gesamte Besitz an die Familie überwechselt.

1809

In die Tiroler Freiheitskämpfe um den legendären Andreas Hofer bringen sich auch die Waldner- Söhne Johann und Georg aktiv ein.

1844

Mit Johann Waldner I stirbt der langlebigste Waldner’sche Besitzer – er führt den „Oberwirt“ während sage und schreibe sechsundfünfzig Jahren.

1918

Im Zuge der Verhandlungen nach dem Ersten Weltkrieg muss die vormalige K.u.K-Monarchie Österreich-Ungarn (die zu den Verlierern zählt) laut Vertrag von Saint-Germain das Tiroler Gebiet südlich des Brenner an Italien abtreten. In Südtirol beginnt eine neue Zeitrechnung. Schon wenige Jahre später, unter Benito Mussolini, setzt eine radikale Italianisierung zwecks Ausmerzung der deutschen Sprache ein. Mit der Folge, dass der „Oberwirt“ auf staatliche Anordnung bald zum „Hotel Belvedere“ umbenannt wird, nunmehr offiziell gelegen in der Provinz Bozen.

1923

Ein verheerender Brand rafft den Verandasaal dahin. Unter Schutt und Asche findet sich ein fast unversehrt gebliebenes Bildnis der Rosenkranzkönigin. Die Rede vom „Wunder beim Oberwirt“ macht die Runde.

1930

Im Sommer 1930 stürzt Franz Waldner II vom Turm. Seine Witwe – die Ehe ist kinderlos geblieben – übereignet das Anwesen ihrem jüngeren
Schwager Josef, bis dahin „im Erstberuf“ Obsthändler mit Standort am „Bruggenwirt“ (der spätere „Marlinger Hof“).

1946

Das „Gruber-De-Gasperi-Abkommen“ im Jahre 1946 im Rahmen der Pariser Friedenskonferenz garantiert den Schutz der kulturellen Eigenart der alteingesessenen deutschsprachigen Bevölkerung in Trentino-Südtirol. Es mündet in das Erste Autonomiestatut zwei Jahre später, 1948, und bildet die (freilich noch recht brüchige) Basis der heute weitreichenden Eigenverantwortlichkeit.

1949

Kurz nach der Hochzeit mit Martha Trogmann („Mutti“) führt Franz Waldner den „Oberwirt“ in eine neue touristische Dimension. Bedeutende Investitionen in Bau und Komfort machen aus dem Gasthof das führende Haus im Ort, u.a. mit der Anlage des ersten Freibades in der Region.

1957 

Am 17. November 1957 verkündet SVP- Obmann Silvius Magnago sein Urteil über die einseitige Auslegung des Pariser Abkommens vom 5.
September 1946. Vor 35.000 Menschen auf Schloss Sigmundskron bei Bozen spricht der engagierte Politiker das historische „Los von Trient“
aus. Allein seinem rhetorischen Geschick ist es zu verdanken, dass aufgebrachte Demonstranten von einem Marsch nach Bozen abgehalten
werden können.

1961

Zu den einschneidenden Entscheidungen von Franz Waldner gehört die Einstellung der hauseigenen Landwirtschaft und die Umgestaltung des vormaligen Stal und Stadel zur Dependance des Hotels (das heutige Landhaus).

1972

Das Zweite Autonomiestatut im Jahre 1972 mit einer deutlichen Kompetenzerweiterung für die Provinzen Trient und Bozen und dessen inhaltliche Umsetzung in den nachfolgenden zwanzig Jahren (bis 1992) schafft die Grundlage für die heutigen Befugnisse der mehrheitlich deutschsprachigen Region Südtirol.

1973

Mit der Übernahme des Hauses durch Josef „Sepp“ Waldner schreitet die Modernisierung weiter voran. Genannt seien unter den bedeutenden Um- und Ausbauten u.a. Hallenbad, Römerbad, Franz- Liszt-Saal, Tiefgarage, Restaurantgarten, Turmsuiten, Wellnessbereich, Halle mit Bar, Arkadenhof und Ansitz.

1982

Erst wird der „Oberwirt“ zum „Erbhof“ erhoben – eine Auszeichnung, die das Land ab 1982 geschlossenen Höfen zuerkennt, die seit mindestens zwei Jahrhunderten innerhalb einer Familie vererbt wurden. Und ein Jahr später, 1983, findet das Haus Aufnahme in der angesehenen Gruppe der Romantik Hotels & Restaurants.

1996

Der „Oberwirt“ feiert ein halbes Jahrtausend urkundliche Erwähnung.

2001

Barbara, älteste Tochter von Josef „Sepp“ Waldner, steigt mit in die Geschäftsführung des „Oberwirt“ ein.

2014 

Auf dem Freiberg oberhalb Meran ist das hauseigene Weingut Eichenstein betriebs- und bezugsfertig. Ein landschaftlich-architektonisches Ensemble, das neben Produktions- und Lagerstätten auch einen Verkostungsraum („Vinarium“) und ein exquisites Chalet bietet.

2016

Der „Oberwirt“ kann als Gasthof auf fünfhundertzwanzig Jahre durchgängig dokumentierte Existenz zurückblicken.

 

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